Häufige Fragen


1. Was ist Kieferorthopädie?

Die Kieferorthopädie befasst sich mit den Fehlstellungen der Zähne bzw. der Fehllage von Ober- und Unterkiefer zueinander. Sie wird überwiegend bei Kindern und Jugendlichen, aber auch im Erwachsenenalter durchgeführt.

Entscheidend für die Möglichkeit einer kieferorthopädischen Behandlung ist nicht das Lebensalter eines Menschen, sondern die Festigkeit der Zähne im Kieferknochen. Gerade für Erwachsene hat sich in den letzten Jahren das Behandlungsspektrum enorm erweitert, beispielsweise durch feste Zahnspangen an den Innenseiten der Zähne (Lingualtechnik) oder durchsichtige Kunststoffschienen (Aligner).

2. Was ist ein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie?

Voraussetzung für die Erlangung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie ist ein abgeschlossenes zahnmedizinisches Studium, sowie ein praktisches Jahr in einer allgemein zahnärztlichen Praxis. Danach folgt eine mindestens dreijährige Weiterbildung an einer Universitätsklinik und einer Fachzahnarztpraxis für Kieferorthopädie. Dabei arbeitet man ganztägig, unter Anleitung am Patienten und lernt das gesamte Spektrum der Kieferorthopädie kennen.

Die Weiterbildung findet ihren Abschluss in einer Fachzahnarztprüfung vor einer Prüfungskommission der jeweiligen Zahnärztekammer. Dieses unabhängige Prüfungsgremium ist u.a. mit Hochschulprofessoren besetzt.

3. Was sind die häufigsten Gründe für eine Zahnregulierung?

vorstehende Kiefer
Bei einem "Rückbiss" des Unterkiefers stehen in der Regel die Oberkieferfrontzähne weit vor den Unterkieferfrontzähnen. Bei einem "Vorbiss" dagegen beißen die unteren Schneidezähne vor die oberen.

Engstände
Wenn die Zähne nicht in einem ordentlichen Bogen stehen, sondern dicht verschachtelt sind, spricht man von einem Engstand.

tiefer Biss
Wenn die Frontzähne beim Zusammenbeißen zu weit (>3mm) übereinanderlappen, spricht man von einem tiefen Biss. Es kann sein, dass die unteren Frontzähne die Schleimhaut des Gaumens berühren und sogar verletzen.

Lücken
Wenn die Zähne im Vergleich zum Kiefer zu schmal sind, können Lücken zwischen den Zähnen auftreten. Auch Daumenlutschen oder andere Angewohnheiten können zu Zahnlücken führen. Der Daumen wirkt dabei wie ein kieferorthopädisches Gerät, das die Zähne nach vorne drückt und den Unterkiefer hinten hält.
Lücken entstehen ebenso durch den Verlust von Zähnen. Gehen bleibende Zähne verloren, so ist nicht selten im Zuge einer kieferorthopädischen Behandlung ein Lückenschluss möglich, um Zahnersatz zu vermeiden.

offener Biss
Die Seitenzähne beißen aufeinander, die Frontzähne aber nicht. Vorne wird ein "Loch" sichtbar, das Abbeißen ist nicht möglich. In einigen Fällen liegt eine erbliche Veranlagung vor. In den meisten Fällen jedoch ist der offene Biss durch Fingerlutschen, Nuckelflaschen oder Schnuller als Dauertröster verursacht. Problematisch ist ein offener Biss, wenn sich die Zunge bei jedem Schluckvorgang zwischen die Zähne presst. Dies erschwert die kieferorthopädische Behandlung. Der offene Biss kann auch im Seitenzahnbereich auftreten.

4. Muss eine Zahnspange wirklich sein?

Wenn Ober- und Unterkiefer nicht richtig zusammenpassen und die Zähne schief im Kiefer stehen, sieht das nicht nur unschön aus, sondern es kann auch schwerwiegende Folgen haben. Engstände und Verschachtelungen der Zähne können die Entstehung von Karies und Parodontoseerkrankungen erheblich begünstigen. Ist die Funktion des Kauens oder Abbeißens gestört, können durch die verminderte Kautätigkeit Magen- und Darmbeschwerden entstehen.

Auch Nacken- und Kiefermuskulatur können durch einen falschen Biss verspannen. Kopfschmerzen sind häufig die Folge. Wenn der Mund beim Schlafen offen steht und die Atemluft nicht durch eine korrekte Nasenatmung befeuchtet und angewärmt wird, treten häufig Erkältungskrankheiten und Hals-Nasen-Ohren-Probleme auf. Bei Kindern, die wegen einer großen Zahnstufe die Lippe nicht schließen können, führt die Mundatmung oft dazu, dass die Rachenmandeln ("Polypen") und die Gaumenmandeln entfernt werden müssen. Auffällig sind natürlich auch die durch eine Fehllage der Kiefer oder durch die Fehlstellung der Zähne hervorgerufenen Sprechfehler wie z.B. das Lispeln.

Bei Patienten mit vorstehenden oder nach vorne gekippten Zähnen ist die Gefahr der Zahnschädigung statistisch gesehen deutlich höher als bei gerade stehenden Zähnen. Oft ist aus diesem Grunde eine Frühbehandlung sinnvoll, um die Zahnreihen "sturzsicherer" zu machen.

5. Wann sollte eine Behandlung beginnen?

Die meisten kieferorthopädischen Behandlungen beginnen in der Phase des Zahnwechsels zwischen dem 9. und 11. Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt ist das Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen und der Kieferorthopäde kann gezielte Maßnahmen unter Ausnutzung des Wachstumsschubes ergreifen. Vielen Kindern könnte eine Zahn- und Kieferregulierung erspart werden, wenn Eltern mit ihren Kindern schon zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr einen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie aufsuchten. Wenn Gebissfehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden, sind oft einfache Behandlungsmaßnahmen mit einer Mundvorhofplatte, mit speziellen Funktionsreglern oder durch funktionelle Muskelübungen erfolgreich.

Auch in der Pubertät sind Zahn- und Kieferkorrekturen noch möglich, jedoch aus psychologischen Gründen oft schwieriger. Die Zahnspange wird von dem jungen Teenager nicht mehr so gern getragen und häufig wird nachlässig damit umgegangen. Der Einfluss der Eltern wird in dieser Zeit geringer, Behandlungsabbrüche sind dann manchmal die Folge.

Wird zu lange mit dem Behandlungsbeginn gewartet und erst im jungen Erwachsenenalter mit 17 oder 18 Jahren eine Zahnregulierung begonnen, ist kein Wachstum mehr vorhanden. Große Kieferfehlstellungen lassen sich nur noch operativ beheben. Es ist jedoch durchaus möglich, Zahnfehlstellungen zu korrigieren. In vielen Fällen ist die kieferorthopädische Behandlung sinnvoll, um die eigenen Zähne so lang wie möglich zu erhalten.

6. Wie lange dauert die Behandlung?

Die meisten kieferorthopädischen Kinderbehandlungen dauern 3-4 Jahre. Kleinere Gebissfehlentwicklungen lassen sich natürlich in kürzeren Zeiträumen regulieren. Entscheidend ist auch die anschließende Haltephase mit einem kieferorthopädischen Gerät.

Die Gefahr besteht, dass die Zähne zwar relativ rasch in die gewünschte Position gebracht, aber ebenso schnell wieder zurück rutschen können, wenn sie nicht lange genug in der richtigen Position gehalten werden.

7. Feste oder lose Zahnspange?

Ob der Patient eine feste oder lose Zahnspange erhält, hängt von der Größe der Zahn- und Kieferfehlstellung und dem Alter des Patienten ab und ist nur individuell zu entscheiden. Bei geringen Zahnfehlstellungen und bei notwendigen Kieferverschiebungen kommen oft (zunächst) herausnehmbare Zahnspangen zum Einsatz.

Schwierigere Fehlstellungen der Zähne lassen sich meist nur mit einer festsitzenden Zahnspange beheben, denn mit dieser sind präzise Korrekturen möglich; ein Zahn kann körperlich durch den Knochen bewegt werden, also parallel versetzt oder auch um seine eigene Achse gedreht werden. Solche Bewegungen sind mit einer losen Zahnspange nicht oder nur sehr begrenzt möglich.

Sowohl bei der festen als auch bei der losen Zahnspange ist die Mitarbeit des Patienten unabdingbar. Um das gesetzte Ziel zu erreichen, ist bei der losen Zahnspange die Tragezeit wichtig (meist 16 Stunden pro Tag), und bei der festen Apparatur ist eine sehr gewissenhafte Mundhygiene notwendig. Bei der Wahl der Apparatur ist es ratsam, dem Kieferorthopäden mitzuteilen, wie auffällig die Spange sein darf.

8. Muss eine Außenspange wirklich sein?

Die Außenspange, die in der Fachsprache als Headgear bezeichnet wird, ist für Kinder ein unangenehmes Behandlungsgerät, da es von weitem schon sichtbar ist. Dieses Gerät braucht meistens nur nachts und wenige Stunden am Tag zu Hause getragen werden. Der Vorteil dieses Gerätes ist, dass häufig die Entfernung von bleibenden Zähnen vermieden werden kann, weil es mit dieser Apparatur gelingt, die oberen Seitenzähne nach hinten zu bewegen und somit Platz zu schaffen. Inzwischen gibt es zahlreiche festsitzende Geräte (Distaljet, Pendulumappartur, u.a.), die die gleichen Funktionen übernehmen und dem Kind die Außenspange ersparen. Häufig werden die Kosten für diese modernen Geräte von Krankenkassen nicht übernommen.

9. Wozu die Spange nach der Behandlung?

Die Zeit nach der aktiven kieferorthopädischen Behandlung wird als Haltephase oder "Retentionsphase" bezeichnet. Es ist wichtig, die in die richtige Position gerückten Zähne in dieser gewünschten Stellung langfristig zu halten. Wie lange das dauert, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. In vielen Fällen müssen im Anschluss daran noch längere Zeit herausnehmbare Zahnspangen getragen werden oder es wird an der Innenseite der Oberkiefer- oder Unterkieferfrontzähne ein fester Edelstahlbogen aufgeklebt, der die Zähne in der richtigen Position hält. Solche festsitzenden Haltedrähte (Retainer) können bis ins Erwachsenenalter belassen werden. Eine Kariesgefährdung ist durch diese zierlichen Apparaturen bei fachgerechter Befestigung nicht gegeben, wie verschiedene Universitätsstudien nachgewiesen haben.

10. Ist die Behandlung mit einer festen Klammer schmerzhaft?

Beißt man auf etwas Hartes, so melden die den Zahn umgebenden Nervenfasern dies dem Gehirn. Ebenso wird eine Zahnbewegung nicht einfach so hingenommen, sondern vom Körper registriert. Bei einigen Patienten macht sich dies in leichtem Druckgefühl bemerkbar, bei anderen wird ein leichter Schmerz empfunden. Glücklicherweise dauert es nur einige Tage, bis der Körper sich an diese neue Situation gewöhnt hat.

Ebenso hilft eine vorübergehende Umstellung der Ernährung auf weiche Kost, wie beispielsweise Joghurt, Suppen, zartes Fleisch und Gemüse.

Es kann irritieren, dass sich die Zähne während der kieferorthopädischen Behandlung lockern. Dies ist nur ein vorübergehender Zustand. Wird ein Zahn durch den Knochen bewegt, so erfolgt auf der Druckseite schneller der Knochenabbau als auf der Zugseite der Knochenaufbau. Der Zahn festigt sich allerdings nach einiger Zeit in gleichem Maße wie vorher.

11. Wie werden Spangenzähne sauber gehalten?

Patienten mit Zahnspangen brauchen eine gründliche Mund- und Zahnspangenpflege:

Herausnehmbare Apparaturen:
  • Zahnspangen unter laufendem Wasser mit einer Zahnbürste und Zahnpasta reinigen
  • Reinigungstabletten aus der Apotheke sind nicht dringend erforderlich
  • Essigwasser hilft gegen Zahnsteinbildung auf den Zahnspangen
  • bei festen Ablagerungen ist eine Reinigung im Ultraschallgerät in der kieferorthopädischen Praxis möglich
Festsitzende Apparatur:
  • die Zahnreinigung sollte nach jeder Mahlzeit erfolgen
  • vor dem Zähneputzen kräftig mit Wasser oder einer speziellen Lösung spülen; gröbere Speisereste werden dadurch entfernt
  • danach die Zähne mit einer geeigneten Zahnbürste sorgfältig und systematisch mit kleinen kreisenden Bewegungen putzen; dabei ist es wichtig, sowohl oberhalb als auch unterhalb der Brackets und des Bogens zu reinigen
  • mit speziellen kleinen Interdentalraumbürsten die Zahnzwischenräume zwischen den Brackets sauber halten
  • besonders wichtig: die Zahnzwischenräume vor dem Schlafengehen mit Zahnseide reinigen

12. Welche Kosten werden von meiner Krankenkasse übernommen?

Bei den gesetzlichen Krankenkassen werden derzeit für das erste Kind 80%, bei weiteren Kindern 90% der Behandlungskosten sofort übernommen. Die fehlenden 10% oder 20% gibt es erst bei erfolgreichem Abschluss der Behandlung zurück. Außervertragliche Leistungen für eine optimierte kieferorthopädische Behandlung müssen von den Eltern selbst finanziert werden. Dies betrifft auch gewählte Zusatzleistungen, die die Behandlungsdauer verkürzen oder die Behandlung angenehmer machen.

Seit Januar 2002 gibt es neue Richtlinien, die kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG): Der Kieferorthopäde muss vor Behandlungsbeginn die Kiefer- oder Zahnfehlstellungen mit einer Art Notensystem von "1" bis "5" beurteilen. Die Krankenkassen zahlen erst ab der Einstufung "3". Abweichungen mit der Note "1" und "2" müssen die Eltern vollständig selbst bezahlen, auch wenn sie medizinisch notwendig sind! Die Einteilung der Gebissfehlentwicklung mit dem Grad "1" oder "2" bedeutet nicht, dass eine Behandlung nicht nötig oder nicht sinnvoll wäre! Eine Behandlung ist dann lediglich nach den neuen Kassenrichtlinien nicht bezuschussungsfähig, da die Mittel begrenzt sind. Dabei kann es häufig zu unverständlichen Entscheidungen kommen. Ein Beispiel: Stehen die oberen Schneidezähne eines Kindes um 6,5 mm über die untere Schneidezahnfront hinaus, muss die Kasse die gesamte Behandlung zahlen. Bei einer immer noch sehr großen Stufe von 6 mm hingegen müssen die Eltern selbst für die gesamten Kosten der Zahnregulierung aufkommen. Die Einstufung der Gebissfehlentwicklung erfolgt nach exakt messbaren Kriterien und wird von den Krankenkassen registriert und vom Gutachter überprüft.

Hinweis:
zukünftige Gesundheitsreformen können zu Veränderungen dieser Einstufung führen.

Die privaten Krankenkassen erstatten entsprechend dem gewählten Versicherungstarif.

13. Bis zu welchem Alter ist eine kieferorthopädische Behandlung möglich?

Kieferorthopädie ist keine Frage des Alters, sondern der Einstellung! In der Kieferorthopädie gibt es keine Altersbegrenzung. Natürlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass eine Behandlung in jungen Jahren einfacher ist: Der Stoffwechsel ist aktiver, das Wachstum kann genutzt werden, um die Kiefer dauerhaft in ihrer Lage zu verändern, und der Zahnhalteapparat ist in der Regel gesünder.

Die Behandlung von Erwachsenen erweist sich in vielen Fällen als hilfreich für die Behebung einer Vielzahl von Problemen:
Unansehnliche Frontzähne können zu einer ästhetisch schönen Zahnreihe umgestellt werden, Zahnlücken können geschlossen werden, gekippte Zähne werden vor Zahnersatz aufgerichtet usw.

Um die Zähne bis ins hohe Alter zu erhalten, ist eine kieferorthopädische Behandlung oft notwendig. Kieferorthopädie kann in vielen Fällen eine sinnvolle Möglichkeit sein, teuren Zahnersatz überflüssig zu machen, einer Parodontose vorzubeugen oder Kiefergelenkerkrankungen zu beheben.

14. Ist eine kieferorthopädische Behandlung bei Erwachsenen noch möglich?

Eine kieferorthopädische Behandlung ist altersunabhängig. Entscheidend für die Behandlungsmöglichkeit ist nicht das Alter, sondern die Verankerung der Zähne im Knochen.

Eine Korrektur der Zahnstellung ist machbar, solange die Zähne noch ca. zur Hälfte im Kieferknochen stehen und das umgebene Gewebe entzündungsfrei ist.